Streit um Tapeten - wann darf der Vermieter Schadensersatz fordern?
1. Immer wieder müssen Gerichte sich auch mit der Frage beschäftigen, ob Vermieter ihren Mietern vorschreiben dürfen, in weicher Farbe diese ihre Wohnung farblich zu gestalten haben.
Während der Dauer des Mietverhältnisses kann ein Vermieter dem Mieter nicht vorschreiben, wie dieser seine Wohnung farblich gestaltet. Dies hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahre 2008 entschieden (BGH VIII ZR 224/07). Der Mieter ist während der Mietzeit bis an die Grenze der Substanzverletzung frei in seinem Dekorationsgeschmack. Er kann das Mietobjekt in Art und Farbe frei gestalten. Vertragliche Klauseln, die ihn darin beschränken sollen, z.B. das "Weißen" der Decken und Wände bestimmen sollen, sind unwirksam.
Ebenso kann vom Mieter nicht verlangt werden, die Wohnung weiß gestrichen zurückzugeben (Landgericht Berlin 24 S 394/05).
Bei Mietende muss sich die Mietwohnung allerdings in einem wiedervermietbaren Zustand befinden. Dies dürfte nur dann der Fall sein, wenn die Dekoration in farblich neutralen, dem allgemein üblichen Farbgeschmack entsprechenden Tönen gehalten ist. Hat der Mieter die Wohnung z.B. grell, rot oder schwarz angemalt, muss er dies bei Auszug ändern. Dann sind allein neutrale Farben angezeigt.
Der Bundesgerichtshof hatte in einem Fall, in dem die Mieter die Wände in knalligem rot, blau und gelb gestrichen hatten, dem Vermieter einen Schadensersatz zugesprochen, der mehrere tausend € aufwenden musste, um die ursprünglich weißen Wände mehrfach streichen zu lassen, bis sie wieder weiß waren (BGH VIII ZR 416/12).
Das Landgericht Berlin hatte sich jüngst mit einem Streitfall zu beschäftigen, der nach Beendigung eines Mietverhältnisses entstanden war. Die frühere Mieterin war ausgezogen und hinterließ im Wohnzimmer dunkelbraune Mustertapeten. Im Schlafzimmer hatte die Mieterin eine gemusterte Bordüre auf die Tapete geklebt, die sich nicht ohne Beschädigung der Tapete entfernen ließ. Im Kinderzimmer waren die Wände wiederum in Wischtechnik in orangener Farbe bemalt worden. Die Vermieterin verlangte deshalb Schadensersatz für die entstandenen Renovierungskosten.
Das Landgericht Berlin hat hier zugunsten der Vermieterin entschieden. Die dunkelbraune Tapete sowie die Bordüre und die orangene Wischmalerei waren aus Sicht des Gerichts nicht mehr vom normalen Gebrauch einer Mietwohnung abgedeckt. Das Gericht hielt die gewählte Farbgebung durch die Mieter für zu extrem. Das Gericht wertete dies als schuldhafte Beschädigung der Mietsache und verurteilte die Mieterin zur Übernahme der Renovierungskosten (Landgericht Berlin 65 S 63/16).
2. Tapeten waren auch Gegenstand einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 21.08.2019 (VIII ZR 263/17).
Der BGH hatte dort über einen Sachverhalt zu entscheiden, wonach der Mieter - ohne zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet zu sein - in der Mietsache teilweise Tapeten von den Wänden entfernt hatte, ohne die begonnene Renovierung der Wände zu Ende zu führen.
Der Bundesgerichtshof hat in diesem Urteil seine Rechtsprechung aus dem Vorjahr fortgesetzt, nach der eine Pflichtverletzung des Mieters darin liegt, dass er ohne anschließend neue Tapeten anzubringen in der Mietwohnung vorgefundene Tapeten ganz oder nur teilweise entfernt.
Der Vermieter müsse zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches wegen Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs dem Mieter vorab keine Frist setzen, sondern kann direkt zur Geltendmachung von Schadensersatz übergehen.
Der BGH hebt hervor, dass es bei der Pflicht des Mieters, die ihm überlassenen Mieträume in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch nach Maßgabe von § 538 BGB entsprechenden Zustand zu halten, insbesondere die Räume aufgrund der aus der Übertragung des Besitzes an der Wohnung folgenden Obhutspflicht schonend und pfleglich zu behandeln sowie alles zu unterlassen, was zu einer von § 538 BGB nicht mehr gedeckten Verschlechterung führen kann, es sich um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB handele, deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht allein nach den in § 280 Abs. 1 BGB geregelten Voraussetzungen begründet.
Die Pflichtverletzung liegt darin, dass der Vermieter im zugrunde liegenden Fall verpflichtet gewesen wäre, die begonnenen Renovierungsarbeiten zu Ende zu führen oder den vorherigen Zustand wieder herzustellen.
Als Praxishinweis ist in diesem Zusammenhang allerdings zu beachten, dass bei der Bezifferung des Schadensersatzanspruches immer auch der Grundsatz "Abzug neu vor alt" zu beachten ist. Diese besagt, dass der Vermieter durch einen vom Mieter zu leistenden Schadensersatz nicht in den Genuss einer Wertsteigerung kommen solle. daher ist die wirtschaftliche Lebensdauer des beschädigten Teils der Mietsache maßgeblich.
Deshalb empfiehlt sich, etwaige Rechnungen aufzuheben, um im Bestreitensfall Beweis über die Lebensdauer und Qualität des beschädigten Teils erbringen zu können.
Die wirtschaftliche Lebensdauer von Rauhfaser beträgt z.B. 8 bis 12 Jahre.